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12.12.2024

Autor: Ben Conrady

Jumper's Knee verstehen: Behandlung und Prävention

Finger zeigt auf Knie

In aller Kürze

  • Die Patellatendinopathie, auch bekannt als "Jumper's Knee", betrifft oft Sportler, kann jedoch auch bei Nicht-Sportlern durch Überlastung auftreten.

  • Typische Symptome sind Schmerzen an der Kniescheibenspitze, Steifheit nach Ruhephasen und gelegentliche Schwellungen.

  • Die Erkrankung ist durch degenerative Veränderungen im Sehnengewebe gekennzeichnet, weniger durch Entzündung.

  • Die Therapie basiert auf einem progressiven Krafttraining, das gezielt die Belastbarkeit der Sehne steigert.

  • Zusätzliche Maßnahmen wie isometrische Übungen, Dehnung und physiotherapeutische Begleitung fördern den Heilungsprozess.

  • Ein ganzheitlicher Ansatz, der auch die Hüft- und Unterschenkelmuskulatur stärkt, ist entscheidend für den langfristigen Erfolg.

  • Prävention durch graduelle Belastungssteigerung, Vermeidung von Dysbalancen und ausreichende Regeneration schützt vor erneuter Überlastung.

  • Mit Geduld und Kontinuität kannst du schmerzfrei werden und die Stabilität deines Knies nachhaltig verbessern.

Was ist eine Jumper´s Knee?

Die Patellatendinopathie, auch bekannt als "Jumper's Knee" oder "Springerknie", ist eine schmerzhafte Erkrankung der Patellasehne. Die Patellasehne verbindet die Kniescheibe (Patella) mit dem Schienbein und spielt eine zentrale Rolle bei der Übertragung der Kraft vom Oberschenkelmuskel auf das Bein.

Das Jumper's Knee betrifft häufig Sportler, die Sportarten mit wiederholten Sprüngen, Landungen oder schnellen Richtungswechseln ausüben, wie Basketball, Volleyball oder Leichtathletik.

Obwohl der Name auf Sprungsportarten hinweist, kann diese Erkrankung auch bei anderen Personen auftreten, die ihre Knie stark belasten, wie z. B. Kraftsportler, körperlich arbeitende oder übergewichtige Menschen. Wiederholte mechanische Überlastungen können mikroskopische Schäden im Sehnengewebe verursachen, was schließlich zur Degeneration des Gewebes und den typischen Symptomen einer Patellatendinopathie führt.

Auch Nichtsportler können infolge einer reduzierten Belastbarkeit der Patellasehne diese Problematik entwickeln. Es ist wichtig zu betonen, dass die Symptome weniger auf einer Entzündung beruhen, sondern vor allem durch degenerative Veränderungen im Sehnengewebe verursacht werden. Dieser Ansatz hebt sich von älteren Annahmen ab und bildet die Grundlage moderner Behandlungsmethoden.

Symptome: Das Jumper´s Knee erkennen

Typische Anzeichen für ein Jumper´s Knee sind Schmerzen an der Spitze der Kniescheibe, daher auch das Synonym "Patellaspitzensyndrom". Diese Schmerzen können durch Druck auf die entspannte Sehne oder bei Belastungen wie Treppensteigen, Springen, Krafttraining sowie langem Sitzen mit angewinkelten Knien ausgelöst werden. Nach längeren Ruhephasen kann sich das Knie steif anfühlen. In einigen Fällen tritt eine leichte Schwellung im Bereich der Kniescheibensehne auf.

Ursache und Pathophysiologie: Was passiert in der Sehne?

Die Patellasehne gehört zu den sogenannten "Energy Storing Tendons" (EST), die Energie speichern und wieder freisetzen können. Dies ermöglicht effiziente Bewegungen beim Gehen, Laufen und Springen. Die Sehne besteht hauptsächlich aus Kollagenfasern, die in einer komplexen Struktur angeordnet sind. Um zu verstehen, wie es zu der Verletzung kommt, ist zunächst ein Verständnis der verschiedenen Stadien notwendig:

Bei einer Patellatendinopathie kommt es zu Veränderungen in der Kollagenstruktur. Das Ausmaß ist abhängig von der Dauer und Belastung der bereits betroffenen Sehne. Basierend auf dem "Continuum Model" von Cook und Purdam (2009/2016) lässt sich der Verlauf in drei Stadien einteilen:

  1. Reaktive Tendinopathie: Eine Reaktion auf Überlastung, gekennzeichnet durch Schwellung der Sehne. Sie kann durch ausreichende Entlastung und Regeneration rückgängig gemacht werden.

  2. Tendon Dysrepair: Bei weiterhin bestehenden hohen Belastungen kommt es zunehmend zur Unordnung in der Kollagenstruktur und der Bildung neuer Blutgefäße. Diese Veränderungen reduzieren die Belastbarkeit der Sehne und verstärken die Überlastungsproblematik.

  3. Degenerative Tendinopathie: Es sind fortgeschrittene Veränderungen mit Zelltod und stark veränderter Sehnenstruktur erkennbar. Die Belastbarkeit der Sehne ist stark herabgesetzt.

Die Problematik verstärkt sich häufig dadurch, dass Patienten, die Knieschmerzen bei intensiveren Belastungen verspüren, diese vermeiden. Diese dauerhafte Entlastung der Sehne führt zur weiteren Reduktion der Belastbarkeit, was die Wahrscheinlichkeit einer Überlastung noch verstärkt. Man befindet sich in einer Abwärtsspirale.

Ziel der Therapie ist es, diesen Trend umzukehren und die Belastung langsam und gezielt zu erhöhen.

Behandlung des Jumper´s Knee

Die Behandlung zielt darauf ab, die Schmerzen zu lindern und die Belastbarkeit der Sehne zu steigern. Durch gezielte Zugbelastung der Sehne kommt es zu einer verbesserten Anordnung und Neubildung von Kollagenfasern und somit zu einer Verbesserung der mechanischen Eigenschaften des Sehnengewebes, welches der hohen Belastung (z. B. beim Springen, Treppensteigen) bei ausreichender Therapiedauer langfristig wieder standhalten kann.

Ein multimodaler Ansatz hat sich als effektiv erwiesen.

Edukation

Aufklärung und Verständnis über den Verlauf der Erkrankung und das Vorgehen der Therapie sind eine wichtige Grundlage des Selbstmanagements. So können seitens des Patienten richtige Entscheidungen bezüglich Be- und Entlastung getroffen werden, um die Chancen des Therapieerfolgs zu verbessern.

Belastungsmanagement

Die sportliche Aktivität sollte angepasst werden, um eine Überlastung und damit eine weitere Verschlimmerung der Symptome zu vermeiden. Gleichzeitig sollte die Sehne nicht komplett entlastet werden, da dies die Belastbarkeit weiter herabsetzen und einen Abbauprozess beschleunigen würde. Eine gänzliche Entlastung des Knies geht zudem mit dem Abbau von Muskulatur und der kardiovaskulären Ausdauer einher. Eine Modifikation der Belastung kann z. B. über die Dauer der Beanspruchung, die Auswahl der Übungen oder die Häufigkeit der Belastung erfolgen.

Trainingstherapie

Ein progressives Krafttraining ist das zentrale Element der Behandlung und fördert den Aufbauprozess des Sehnengewebes sowie die schrittweise Steigerung der Belastbarkeit. Es sollte langsam ausgeführt werden, um elastische Beanspruchung der Sehne ("federn") zu vermeiden. 

Eine bewährte Methode ist das Heavy-Slow-Resistance-Training, bei dem schwere Gewichte mit einem Bewegungstempo von 3-0-3 bewegt werden. Beispielsweise dauert bei Kniebeugen das Ablassen drei Sekunden, ohne Pause im unteren Bereich, gefolgt von drei Sekunden Aufwärtsbewegung. Exzentriktraining (nur die bremsende Phase) kann ebenfalls wirksam sein, bietet jedoch keine zusätzlichen Vorteile im Vergleich zur Durchführung beider Phasen.

Belastungsanpassung

In den ersten Wochen sind Wiederholungszahlen bis zu 15 bei geringem Gewicht sinnvoll, um die Belastung der Sehne zu minimieren. Mit der Zeit wird die Wiederholungszahl schrittweise reduziert und das Gewicht erhöht, um die Belastung progressiv zu steigern. Sollte diese Belastung noch zu starke Schmerzen verursachen, bieten isometrische Übungen wie Wall Sits eine schonendere Alternative. Diese Übungen signalisieren dem Körper, dass die Belastung durch das Training nicht schädlich ist, und bereiten die Sehne auf intensivere Übungen vor.

Ein typischer Ansatz beinhaltet 30 Sekunden schmerzfreie isometrische Belastung als Vorbereitung für das reguläre Rehabilitationsprotokoll. Der Therapieplan sollte strukturiert von leichten zu schweren Gewichten und von geringem zu höherem Trainingsumfang führen. Mit der Zeit kann ein Übergang zu explosiveren Bewegungen erfolgen, der die Rückkehr in die Sportart ermöglicht.

Übungsauswahl

Die Wahl der Übungen hängt von der Verfügbarkeit von Maschinen und Gewichten ab. Im Fitnessstudio stehen mehr Optionen zur Verfügung, doch auch zu Hause können effektive Übungen durchgeführt werden. Die Auswahl der Übungen sowie die Festlegung von Wiederholungs- und Satzanzahl sollten individuell an Symptome und Fortschritt angepasst werden.
Es wird empfohlen, einen Therapieplan mit physiotherapeutischer Unterstützung zu erstellen und betreuen zu lassen, um die Übungen optimal anzupassen und den Heilungsprozess zu überwachen.

Ganzheitlicher Ansatz

Die oben genannten Punkte sind die wichtigsten, um die physiologischen Prozesse in Gang zu setzen, die dafür sorgen, dass die Symptome zurückgehen. Doch um auch nachhaltig schmerzfrei zu bleiben, sollte die Therapie den Körper ganzheitlich betrachten. 

Dies beinhaltet z. B., dass auch die Muskulatur der Hüfte und des Unterschenkels im ausreichenden Maße gekräftigt wird, sodass sie im Verhältnis zur Oberschenkelkraft steht. Zudem hat sich gezeigt, dass sich auch die Sprunggelenksbeweglichkeit sowie die Stellung der Füße auf die Problematik auswirken können. Eventuelle Schwächen anzugehen, sollte ebenfalls Teil einer langfristigen Therapie sein.

Zusätzliche Maßnahmen

Je nach individuellem Fall können Taping, Massage, Wärme- oder Kältetherapie die Symptome reduzieren und ergänzend eingesetzt werden.

Es hat sich zudem gezeigt, dass eine reduzierte Beweglichkeit der Quadrizepsmuskulatur und der Beinbeuger an der Rückseite der Oberschenkel im Zusammenhang mit der Entstehung einer Tendinopathie der Patellasehne stehen kann und dass sich Dehnungen dieser Muskeln positiv auf die Heilung auswirken. Sinnvoll kann es sein, die Dehnübungen mit den Kräftigungsübungen zu kombinieren und in den Satzpausen zu dehnen.


Prävention: Vermeidung von Überlastung

Um einer Patellatendinopathie vorzubeugen, sind folgende Aspekte wichtig:

  1. Graduelle Belastungssteigerung: Trainingsintensität und -umfang sollten langsam gesteigert werden. Gerade nach Verletzungen oder bei Aufnahme einer neuen Sportart kommt es leicht zu einer Überlastung.

  2. Ausgewogenes Trainingsprogramm: Besonders für Sportler in Sprungsportarten sollte das Krafttraining der Beinmuskulatur, insbesondere des Quadrizeps, ein wichtiger Bestandteil des Trainings sein, um die Sehnenstruktur zu kräftigen und auf die hohe Belastung vorzubereiten.

  3. Vermeidung von Dysbalancen: Ungleichgewichte, z. B. von Muskeln der Vorder- und Rückseite des Oberschenkels, können sich auf Bewegungsmuster auswirken und die Belastung des Kniegelenks erhöhen. Auch eine ausreichende Beweglichkeit der Gelenke des Unterkörpers hilft, die Entstehung einer Tendinopathie zu verhindern.

  4. Regeneration: Ausreichende Erholungsphasen zwischen intensiven Trainingseinheiten, also das Verhältnis von Be- und Entlastung, sind essenziell. Zu beachten ist hierbei auch, dass das Kniegelenk und damit die Patellasehne auch bei alltäglichen Bewegungen stark beansprucht werden. Bei einem Beruf, der mit häufigem Stehen und vielen Schritten verbunden ist, sollte dies bei der Trainingsplanung berücksichtigt werden.

Fazit

Das Jumper´s Knee ist eine Herausforderung, die mit gezieltem Training, moderner Therapie und einem ganzheitlichen Ansatz erfolgreich behandelt werden kann. Es erfordert Geduld und Kontinuität, aber der Fortschritt ist lohnend. Mit der richtigen Unterstützung, sei es durch physiotherapeutische Begleitung oder ein strukturiertes Trainingsprogramm, ist es möglich, nicht nur schmerzfrei zu werden, sondern auch die Kniebelastbarkeit langfristig zu stärken. Nimm die Kontrolle über deine Genesung in die Hand – jede kleine Verbesserung ist ein Schritt in Richtung eines gesünderen und aktiveren Lebens!