19.09.2024

Autor: Ben Conrady

Der Kreuzbandriss: Operation oder konservative Behandlung

In aller Kürze:

  • Bei einem Kreuzbandriss gibt es zwei Behandlungsoptionen: Operation oder konservative Therapie.

  • Die Operation beinhaltet die Rekonstruktion des Kreuzbandes mit einem Sehnenimplantat.

  • Studien zeigen, dass eine spontane Heilung des Kreuzbandes ohne Operation möglich ist.

  • Der Erfolg einer Behandlung hängt von vielen Faktoren ab, nicht nur von der Operation selbst.

  • Eine Wartezeit von etwa drei Monaten ermöglicht eine bessere Beurteilung der natürlichen Heilungsprozesse.

  • Die Entscheidung für eine Behandlungsmethode sollte individuell getroffen werden, basierend auf Faktoren wie Alter, Begleitverletzungen und sportlichen Zielen.

  • Eine ausreichende Rehabilitationszeit ist in jedem Fall wichtig, unabhängig von der gewählten Behandlungsmethode.

Wie sollte ich bei einem Riss des vorderen Kreuzbandes vorgehen?

Traditionell ist die Durchführung einer Rekonstruktionsoperation nach Kreuzbandrissen der Standard. Bei dieser Operation wird zunächst ein Implantat aus entweder der Patellasehne (Kniescheibensehne) oder der hinteren Oberschenkelmuskulatur entnommen. Nach Entfernung der Reste des gerissenen Kreuzbandes wird das Implantat mittels Schrauben an den entsprechenden Stellen des Oberschenkel- und Unterschenkelknochens verankert. Diese Sehne kann nun ausheilen und in das Gelenk einwachsen. Nach Durchlaufen eines Rehabilitationsprozesses sollte sie voll belastbar und funktionstüchtig sein und die Aufgaben des Kreuzbandes wieder übernehmen können. 

In den vergangenen Jahren haben zahlreiche Studien jedoch gezeigt, dass eine spontane Heilung des Kreuzbandes möglich ist. Daher kann eine konservative Behandlung in vielen Fällen eine Alternative zur Operation darstellen.

Dieser Blogpost dient ausschließlich der Aufklärung und soll bei der Entscheidungsfindung unterstützen. Er ersetzt ausdrücklich nicht die medizinische Beratung oder die Konsultation eines Orthopäden, Chirurgen oder Physiotherapeuten. Jede Verletzung ist einzigartig und muss individuell betrachtet werden.

Der Erfolg einer Kreuzbandoperation hängt von vielen Faktoren ab.

Bei einem Kreuzbandriss denken viele Menschen oft sehr linear:

  1. Verletzungsereignis

  2. Operation

  3. Rehabilitation

  4. Alles ist wieder „gut“

Diese vereinfachte Sichtweise berücksichtigt jedoch nicht die Komplexität der Situation. Wenn wir die Wirksamkeit einer Therapie, in diesem Fall einer Operation, beurteilen, müssen wir viele verschiedene Faktoren beachten. Der Erfolg hängt nicht allein vom chirurgischen Eingriff ab. Es gibt zahlreiche weitere Aspekte, die das Ergebnis beeinflussen können. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Die individuelle Regenerationsfähigkeit des Patienten

  • Die Qualität der Nachbehandlung und Physiotherapie

  • Die Bereitschaft des Patienten, Rehabilitationsanweisungen zu befolgen

  • Mögliche Komplikationen während oder nach der Operation

  • Die allgemeine Fitness und der Gesundheitszustand des Patienten

Alle diese Faktoren spielen eine wichtige Rolle für den Gesamterfolg der Behandlung und sollten bei der Beurteilung der Therapiewirksamkeit berücksichtigt werden.

Auch wenn die operative Versorgung eines Kreuzbandrisses der Standard und eine häufig durchgeführte Operation ist, bedeutet dies nicht, dass es nicht zu Komplikationen kommen kann. So bestehen die allgemeinen Risiken einer Vollnarkose oder der anschließenden Schmerzversorgung. 

Zusätzlich kann es bei der Operation zu Nervenverletzungen kommen und auch das Entfernen einer gesunden Sehne zur Nutzung als Implantat stellt eine weitere Verletzung dar, von der der Körper zusätzliche Erholung benötigt.

Spontane Heilung von Kreuzbändern in vielen Fällen zu beobachten

Neuere Studien haben gezeigt, dass ein gerissenes Kreuzband auch ohne Operation heilen kann. Dieser Heilungsprozess war in einigen Fällen bereits nach drei Monaten im MRT sichtbar. Eine Wartezeit von etwa drei Monaten ermöglicht eine bessere Beurteilung der natürlichen Anpassungsprozesse des Körpers. Gleichzeitig kann in dieser Zeit bereits mit einer aktiven Belastung begonnen werden. Dies erleichtert nicht nur die Entscheidung über die Notwendigkeit einer Operation, sondern könnte auch eine unnötige Operation vermeiden und die gesamte Rehabilitationsdauer insgesamt verkürzen.

Auch wenn sich später für eine Operation entschieden wird, beschleunigt die vorherige Arbeit an Beweglichkeit, Kraft und Stabilität die letztendliche Genesung.

Wie treffe ich die richtige Entscheidung?

Sind weitere Strukturen betroffen?

Bei der sogenannten „Unhappy Triad“ Verletzung kommt es neben dem Riss des vorderen Kreuzbandes auch noch zur Verletzung des Innenmeniskus und zum (Teil-)Riss des Innenbands. Dies ist je nach Verletzungsvorgang eine häufige Kombination. In diesen Fällen müssen, je nach Grad der Verletzung, auch der Meniskus und das Innenband versorgt werden, weshalb eine Operation in diesen Fällen meist unumgänglich ist und die beste Chance auf ein zufriedenstellendes Ergebnis bietet.

Bin ich durch Schmerz, Bewegungseinschränkung und fehlende Stabilität eingeschränkt?

Die unmittelbaren Beschwerden nach einer Kreuzbandverletzung sind sehr individuell und können die Wahl der Behandlung beeinflussen. Es ist ratsam, sich im akuten Stadium noch nicht auf einen finalen Behandlungsweg festzulegen oder Empfehlungen zu befolgen, da die Entscheidung oft nur auf der Auswertung eines MRT-Bildes beruht. Zu diesem Zeitpunkt sind aussagekräftige manuelle Tests schwer durchführbar.

Es ist wichtig, abzuwarten, bis die akuten Symptome wie Schwellung, Blutergüsse und starke Schmerzen abgeklungen sind. Erst dann ist eine realistische Beurteilung der Kniefunktion im Alltag möglich, die eine Einschätzungen zur Beweglichkeit, Belastbarkeit, Stabilität und Schmerzniveau erlaubt.

Nach dieser initialen Phase sollten fast alle Betroffenen eine Rehabilitationsphase durchlaufen, bevor eine Operation in Betracht gezogen wird. Dies verbessert die Ergebnisse erheblich, wenn eine Operation unumgänglich ist.

Gründe für eine nicht operative Therapie

Wenn die folgenden Faktoren auf dich zutreffen, könnte es laut Forschungsergebnissen in der Literatur sinnvoller sein, sich für eine nicht operative Behandlung zu entscheiden.

  • Du bist „älter“

  • Du hast keine zusätzliche Verletzung des Innenmeniskus oder des Innenbands

  • Du hast Vertrauen in die Belastbarkeit deines Knies

  • Du hast eine gute Kniefunktion ohne Phasen der Instabilität

  • Es ist nicht dein Ziel, in Level 1 Sportarten (z. B. Fußball, Basketball) zurückzukehren.

Fazit

  • Mache deine Entscheidung nicht nur von den Informationen in diesem Artikel abhängig. Sprich mit deinem Arzt über deine Bedenken und Fragen, damit du eine informierte Entscheidung treffen kannst.

  • Auch deine Überzeugungen und Vorlieben können deine Entscheidung und die Ergebnisse beeinflussen. Wenn du dich trotz aller Informationen bereits für die eine oder andere Variante entschieden hast, könnte das die richtige Wahl für dich sein.

  • Warte, bis die anfänglichen Symptome abgeklungen sind, bevor du den Zustand deines Knies und dessen Entwicklung beurteilst und entscheidest, was für dich das Beste ist.

  • Plane eine ausreichende Rehabilitationszeit ein. Je nach Verlauf kann eine unnötige Operation vermieden oder zumindest das Operationsergebnis deutlich verbessert werden

  • Treffe deine Entscheidung erst, nachdem ein Arzt und/oder Physiotherapeut eine umfassende manuelle und funktionelle Untersuchung durchgeführt hat.

Weitere Informationen zum Kreuzbandriss erhältst Du in DIESEM Blogpost von uns.